IMMOBILIENRECHT
● Prüfung von Kaufverträgen
● Auseinandersetzung einer Miteigentums-/Erbengemeinschaft
● Anfechtung von Kaufverträgen
● Vollstreckung des Kaufpreises
● Abwehr von Schadensersatzansprüchen
● Grundbuchberichtigungen
● Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen
GEBÄUDEMANGEL UND ARGLISTIGE TÄUSCHUNG
Der Verkäufer eines Wohnhauses muss auch, wenn der Keller bereits im Jahr 1938 gebaut wurde und über keine Kellerabdichtung verfügt, den Kaufinteressenten darüber aufklären, dass Wasser in flüssiger Form breitflächig in den Keller bei starken Regenfällen eindringt. Bei einem arglistigem Verschweigen des Wassereinbruchs durch den Verkäufer kann ansonsten der im notariellen Kaufvertrag vereinbarte Ausschluss der Gewährleistung wirkungslos sein.
OLG Hamm - Urteil vom 18. Juli 2016 - 22 U 161/15
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GEBÄUDEMANGEL UND ARGLISTIGE TÄUSCHUNG II
Die Klägerin erwarb von der Beklagten - einer juristischen Person - ein gebrauchtes Mehrfamilienhaus unter Ausschluss aller Ansprüche und Rechte aus Sachmängeln. Nachfolgend wurden Wassereinbrüche im Keller offenbar, die ein von der Klägerin beauftragter Sachverständiger auf Mängel am Drainage- und Regenwasserableitungssystem zurückführte. Die Klägerin verlangt deshalb die Rückabwicklung des Kaufvertrags.
Der Senat legte zuerst das seiner Ansicht nach pausible, nachvollziehbare und ausführlich begründete Parteigutachten der Klägerin seiner Entscheidung zugrunde, da die Beklagte diesem keinen substantiierten Vortrag entgegensetzen konnte.
Des Weiteren könne sich die Beklagte nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen. Eine Mitarbeiterin der Beklagten - zu deren Aufgabenkreis nach Ansicht des Senats die Wahrnehmung sich aus den Schreiben ergebender Informationen gehörte - hatte mit der selbständigen Verwalterin des Gebäudes einen Schriftwechsel über den Wasserschaden geführt und die betreffenden Schreiben abgeheftet - was am Ende der Gedankenkette des Senats noch Bedeutung erlangen sollte.
Der Senat bestätigte zunächst das Landgericht in seiner Ansicht, dass sich eine juristischen Person das Wissen auch derjenigen Mitarbeiter zurechnen lassen müsse, die am Abschluss eines Vertrages selbst nicht beteiligt waren. Dies setze jedoch ein "bei ordnungsgerechter Organisationen aktenmäßig festzuhaltendes, weiterzugebendes und vor Vertragsschluss abzufragendes Wissen voraus". Ein am Rechtsverkehr teilnehmendes Unternehmen müsse nach den berechtigten Erwartungen des Rechtsverkehrs so organisiert sein, "dass für andere bedeutsame Informationen an diese weitergegeben werden". Welches Wissen jeweils zurechenbar sei, lasse "sich nur in einer wertenden Beurteilung entscheiden". Dabei sei zu berücksichtigen, dass "Informationen, deren Relevanz für spätere Geschäftsvorgänge für den konkret wissenden Angestellten erkennbar sind, dokumentiert und über einen gewissen Zeitraum verfügbar gehalten" werden müssten. Solches abgespeichertes Wissen sei jedoch nur dann zuzurechnen, wenn "ein besonderer Anlass bestehe, sich seiner in einer konkreten Situation noch zu erinnern". Hinsichtlich der Möglichkeit der Wissensabfrage sei hierbei "nicht nur auf die konkret getroffenen Organisationsmaßnahmen abzustellen, sondern darauf, welche Vorgänge bei einer ordnungsgemäßen Organisation hätten verfügbar gehalten werden müssen". Den gegenständlichen Baumangel hielt der Senat für eine solche Information, da er beim Verkauf einer Immobilie Bedeutung habe. Zudem wiege zu Lasten der Beklagte, dass sie gewerblich mit Immobilien handele.
Grundsätzlich bestehe die Obliegenheit, "die Organisationsstruktur so zu gestalten, dass Informationen, die mit den vorhandenen Entscheidungsgrundlagen in sachlichem Zusammenhang stehen, an die betroffenen Stellen weitergegeben werden". Hierfür müsse "durch den Einsatz geeigneten Personals Sorge getragen werden".
Dass die Mitarbeiterin den Vorgang vergessen haben könne, ließ der Senat nicht gelten. Zum einen habe die Mitarbeiterin der Beklagten nicht einer festgelegten Organisationsanweisung zuwider gehandelt oder wissentlich falsche Angaben gemacht, sondern bei der Beklagten sei notwendige Organisationsstruktur gar nicht vorhanden gewesen sei. Zudem habe zwischen der wiederholten Mitteilung des nicht beseitigten Baumangels und dem Kaufvertragsschluss der Parteien ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang bestanden.
Diese Grundsätze seien nach der Ansicht des Senats auch auf eine mögliche Arglist anzuwenden. Für ein arglistiges Verschweigen sei erforderlich, dass der Verkäufer den Mangel kennen oder zumindest für möglich halten müsse. Fahrlässige Unkenntnis reiche nicht aus. Die erforderliche Kenntnis des Verkäufers müsse als Tatsache festgestellt werden.
Dies könne durch Wissenszurechnung vorliegend nach der Ansicht des Senats festgestellt werden, weil es sich bei dem gegenständlichen Wissen, um ein tatsächliches, da aktenmäßig vorhandenes Wissen handele - womit sich der oben angekündigte Gedanke des Senats schließt.
Dies widerspreche auch nicht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. NJW 1996, 2652), die denjenigen, der sich einer Kenntnis verschließe, stets so behandele, als habe er die positive Kenntnis gehabt. Die gegenständliche vom Senat vorgenommene Wissenszurechnung entspreche seiner Ansicht nach mit folgender Begründung diesem Rechtsgedanken: "Hätte die Beklagte – wie geboten – durch entsprechende Organisation für eine Information ihres Geschäftsführers mit allen das Grundstück betreffenden relevanten Umständen Sorge getragen, hätte dieser Kenntnis vom Baumangel gehabt, so dass er diesem bei Vertragsschluss entweder hätte offenbaren müssen oder sich bei unterbliebener Offenbarung wegen Arglist nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen könnte."
OLG Düsseldorf - Urteil vom 24. März 2015 - 21 U 137/14
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